Der Weg ins Freie

 

Bühnenfassung von Susanne Felicitas Wolf nach Arthur Schnitzler

Wien. 1898. Eine Zeit der politischen Um- und Aufbrüche. Ein angehender Komponist Georg von Wergenthin und ein selbstzweifelnder Dichter Heinrich Bermann prallen im Salon des reichen Fabrikanten Ehrenberg aufeinander. Sie reiben sich einander, diskutieren Kunst und Lebensentwürfe; beide durchleben ihre Liebesgeschichten - der eine findet seinen künstlerischen Weg über eine junge, feinfühlige Klavierlehrerin – Anna Rosner - , der andere scheint an seiner Affäre mit einer labilen Schauspielerin zu zerbrechen. Doch die Kunstdebatte ist nur ein Strang des komplexen, spannenden Stoffs. In Schnitzler Konzeption prallen Ringende aufeinander, die versuchen, ihren Lebenslinien Gestalt zu geben: eine junge Sozialistin – Therese Golowski - etwa, eine kapriziöse Erbin – Else Ehrenberg - , ein junger Zionist – Leo Golowski, ein Lebemann und Herrenreiter – Demeter Stanzides, ein politisch engagierter Arzt – Berthold Stauber , ein gutmeinender Mediziner - Stauber senior, ein empathischer Fabrikant Salomon Ehrenberg, seine von den Umständen erschöpfte Gattin, Leonie - zwei Rechtsgesinnte – Josef Rosner und Ernst Jalaudek. Das Stück verschärft Arthur Schnitzler Vorlage und Charaktere. Ein Konversationsstück mit starkem politischem Gehalt.

Vordergründig betrachtet erzählt Arthur Schnitzler mit seinem Roman „Der Weg ins Freie“ eine von Tragik und Egozentrik überlagerte Künstler-Liebesgeschichte. Er verwebt sie in die Wiener Zeitläufe Ende des 19. Jahrhunderts und schafft so eine Art Parabel über Spannungsfelder menschlicher Beziehungen in einem gesellschaftlichen Umfeld, in dem Humanität und Empathie verloren gehen, Antisemitismus, Nationalismus, Rassismus aufbranden und ein relevantes Agieren vonnöten wäre.

Vor der Folie der Jetztzeit besitzt dieser Stoff verblüffende Aktualität: Spinnwebfäden wehen aus der Vergangenheit hinüber und legen Wurzeln rechtsgewandter Gesinnung von heute frei. Angereichert mit persönlichen Notizen Arthur Schnitzlers und originalen politischen Zeitstimmen entsteht ein Gesellschafts-Psychogramm, ein Spiel verirrter Seelen, eine Paraphrase über Liebe, Verantwortlichkeit, Künstlertum und Lebensverankerungen, ein wienerischer Tanz der Einsamkeit auf dem Vulkan zunehmender politischer Radikalisierung.

Auftragswerk, Theater in der Josefstadt, Wien.
Regie: Janusz Kica, Dramaturgie: Matthias Asboth, Bühnenbild: Karin Fritz, Kostüme: Eva Desseckeer, Musik: Matthias Jakisic, Licht: Manfred Gross; Alexander Absenger, Raphael von Bargen, Alma Hasun, Michaela Klamminger, Katharina Klar, Elfriede Schüsseleder, Siegfried Walther, Julian Valerio Rehrl, Joseph Lorenz, Oliver Rosskopf, Tobias Reinthaller, Jakob Elsenwenger, Michael Schönborn.

Foto © Roland Ferrigato/Theater in der Josefstadt

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